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Das langsame Gleiten auf den langen Kufen

Schlittschuhlaufen ist populär in der Schweiz, aber wie steht es mit Eissschnelllaufen?


marie-Claire Jur

OLYMPUS DIGITAL CAMERADiese ovale Rundbahn auf dem St. Moritzersee ist für den Eisschnelllauf bestimmt. Wer Schlittschuhe mit den langen, schmalen Kufen besitzt, darf hier seine Runden drehen. Es gibt sie auch für wenig Geld auf dem White-Turf-Gelände zu mieten. Fotos und Video: Marie-Claire Jur

Wenn Martin Hänggi seine Kreise auf dem Eisoval des St. Moritzersees dreht, möchte man es ihm sofort nachmachen. Doch wer sich der Schnelligkeit und Eleganz annähern will, mit welcher der mehrfache Schweizermeister aus Davos unterwegs ist, braucht mehr als einen Crashkurs, sondern ein jahrelanges, hartes Training. Die Leichtfüssigkeit macht Eindruck bei der Schülerschaft der Scoula Sportiva. Zwanzig Jungen und Mädchen erfahren durch Hänggi eine zweistündige Einführung in den Eisschnelllauf. Praktisch alle können bereits Schlittschuh laufen, einige Jungs spielen auch Eishockey. Doch zuerst müssen sie sich mit diesen «komi­schen» Schlittschuhen anfreunden, die sie soeben an der Mitstation auf dem White-Turf-Gelände in Empfang genommen haben. Mit rund 45 Zentimetern Länge sind deren Kufen etwa eineinhalb mal so lang wie diejenigen, die sie kennen. Dafür mit gut einem Millimeter nur halb so dick. Einen Hohlschliff haben sie auch nicht, sondern einen Planschliff mit rechteckig geschliffenen Kanten. Schon das Stehen in diesen Schuhen und das Halten des Gleichgewichts ist für manche keine Selbstverständlichkeit, geschweige denn das Gleiten mit denselben. Aber genau um das geht es beim Eisschnelllauf. Die speziellen Kufen, kombiniert mit einer ausgeklügelten Lauftechnik erlauben es, hohe Tempi zu fahren.

Spielerisch lässt Coach Martin Hänggi die Jungen und Mädchen sich dieser Disziplin annähern: In Zweiergrup­pen eingeteilt lernen sie das Gleiten, zuerst auf beiden Beinen stehend, dann nur auf einem Fuss. Stürze sind am Anfang kaum zu vermeiden, doch die sportlichen Jugendlichen lernen schnell. Da das Rundendrehen schnell langweilig werden kann, lässt Coach Hänggi die Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer zur Abwechslung auch eine Vierer-Stafette laufen und zum Abschluss auch noch ein Massenstartrennen. Dazwischen gibt er kurze Anweisungen zur Lauftechnik. «Abstossen und so lange wie möglich gleiten». Das leuchtet auf den geraden Streckenabschnitten ein, aber wie steht es mit den Kurven? Wie übersetzt man mit diesen langen Kufen? «Im Kurvenbereich erkennt man, ob jemand eislaufen kann», sagt Hänggi. Zwei Stunden genügen nicht, um auch das zu lernen, aber die Jungen und Mädchen machen sichtlich Fortschritte bei ihrer Annäherung an diese Nischensportart. Wie haben sie diesen Crashkurs erlebt? «Es war anstren­gend», sagen die meisten und sprechen von Fuss- und Rückenschmerzen, die wohl auf den Gebrauch von Muskeln zurückzuführen sind, die sie in anderen Sportarten bisher nicht gebraucht haben. «Einfach geil», urteilen andere, die Spass hatten am «Speed, den man mit diesen Dingern erreichen kann.»

Die Oberstufe der Scoula sportiva Champfèr war die erste Schule, die sich unter der Führung von Eisschnelllauf-Crack Martin Hänggi auf das Rund­oval gewagt hat. Andere Schulen im Engadin haben vor, es ihnen in den kommenden Wochen gleichzutun. «Die Bahn wird täglich aufbearbeitet, und die Eisqualität ist ausgezeichnet», sagt der St. Moritzer Tourismusdirektor Adrian Ehrbar, der die Schulen im Tal eingeladen hat, dieses neue Wintersportangebot auszuprobieren. «Diese Rundbahn soll leben», betont er.

Von 11.00 Uhr bis 17.00 Uhr sind die Bahnen für den Eislauf und das Schlittschuhfahren geöffnet.
Martin Hänggi zeigt den Schülerinnen und Schülern den Bewegungsablauf.
Gewöhnungsbedürftig: Schlittschuhe mit langen Kufen.
OLYMPUS DIGITAL CAMERAZum Einführungskurs gehören auch Rennen.
OLYMPUS DIGITAL CAMERA         Startprozedere für eine Stafette.
Schliesst jeden Tag auf dem Parcours ab: Die Eisaufbearbeitungsmaschine.

Verschiedene Aktivitäten und Club-Gründung

Neben der 400-Meter-Wettkampfbahn für den Eisschnelllauf wird auch täglich ein Rundkurs für den allgemeinen Eislauf und die Eishockey-Spielfelder präpariert. Zudem lockt auf dem St. Moritzersee eine Langlaufloipe. Auch Skikjöring- und Eisschnelllauf-Kurse können gebucht werden. Vor Ort gibt es einen Schlittschuhverleih – auch fürs Eisschnelllaufen. Die Aktivitäten von «Amusements on the Lake» sollen bis zum 28. Februar angeboten werden. Demnächst wird auch ein Eisschnelllauf-Club in St. Moritz gegründet. Details hierzu werden in der EP/PL bekannt gemacht. (mcj)

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